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February 5, 2005

Seattle Busride Experience

ich nehme nun extensiv am oeffentlichen Leben teil, indem ich ehrenamtlich bei der Organisation einer Konferenz in Indien helfe und gerade beginne in der Jugendherberge am Info Desk auszuhelfen. Die Foundation sitzt am anderen Ende des Zentrums am Rand des Uni-Campus, was auf Muenchen gemessen ungefaehr das Stadtteilverhaeltnis von Pasing (West Seattle - wo wir wohnen tun) nach Berg am Laim nur das sich jeder Stadtteil enorm zieht - wie alles in Amerika (supersize me).
Die Jugendherberge liegt - wie es sich fuer eine ordentliche gehoert - genau im Zentrum am Wasser. Sehr schoen.

Ich bin also brav morgens mit in den Bus eingestiegen, der bei uns in West Seattle vor der Haustuer losfaehrt (Linie 22, 54 und 128), habe professionell meine (bzw. Marcos) Bus-Plastikkarte durchgeswipt und mich irgendwie nett hingesetzt, um mich durch das sehr industriell gepraegte Zwischenstueck von West Seattle und dem Zentrum kutschieren zu lassen. Erstmal gehts es durch unsere sehr familiaere und huebsche Nachbarschaft mit kleinen, schmuecken Haeuschen und etlichen Friseursalons, dann durch unsere Shoppingstrasse an der Junction und dann zum etwas haesslicheren, aber auch irgendwie interessanten industriellen Teil der Halbinsel. Neben etlichen Storage-Lagerhallen, nicht sonderlich gepflegten Haeuschen, stillgelegte Geschaeftsgebaeude sieht man dort unten neben dem Hafen auch Caterpillars die sich durch den Mud graben. Und irgendwelche grossen, gluehenden Eisenbrocken. Vielleicht machen sie da Schienen? Die Umgebung waere mir nachts allein zu unheimlich. Im Bus sind nur paar aeltere Leute, was ich auf die Uhrzeit zurueckfuehre (10.10 am). Der Bus faehrt also ueber die Bruecke die Abkuerzung in die Innenstadt (Downtown) und ich steige ziemlich in der Mitte aus fuer den Transfer zum Uni-Viertel.

Im zweiten Bus zur Uni steigen dann schon wesentlich mehr Leute und vorallem Juengere ein. Auch ein paar mueffelnde kuenstlerartige Menschen und kleine asiatische Maedchen mit Schreibbloecken unterm Arm, die nach suesslich, blumigen Parfum duften. Irgendwie uni-artig eben. Ein ca. 20 jaehriger blaesslicher eher unauffaelliger junger Herr sitzt mir gegenueber. Diesen Typ gibt es jedes Mal auf dieser Busroute. Dieser waere mir gar nicht aufgefallen so unauffaellig war er, haette er nicht "RETURN" in grossen Lettern aus seine Handaussenseite geschrieben. Was mich natuerlich zum Grubeln bringt...

... warum "RETURN". Will er damit nicht vergessen zurueck zu fahren? Oder will er das Geld fuer die Rueckfahrt noch schnorren oder will er sich bei seinen Erziehern raechen? Das waere aber eher Revenge. Vielleicht will er auch die boesen Gefuehle erwidern als er in der Highschool von Mitschuelern in Papierkoerbe gesetzt wurde? Was will er uns damit sagen? Oder will er sich nur interessant machen? Waere es eine Notiz haette er sich das ja auch auf die Innenseite der Hand schreiben koennen. Es soll also offensichtlich sichtbar sein. Nach etwas Gruebeln musste ich den Bus verlassen und kam gut im Office an, wo jedoch die beiden mit denen ich dort arbeite, krank waren. Pech. Ich machte meinen Kram, chattete etwas mit Jule und bin dann nach 3 Stunden wieder angetreten.

Ich wusste das alle Busse, die was mit 70 sind, also 71-75 richtig sind und nach Downtown fahren. Es kamen einige vorbei die ein grosses "E" fuer Express im Display hatten und deshalb gar nicht an meiner Bushaltestelle anhielten. Irgendwann kam ein Bus mit einer "7" drauf. Ich stieg also ein, weil mir das clever erschien. Dieser Bus fuhr aber dann an der entscheidenden Stelle eine andere Strasse und so dauerte die eigentlich 20minuetige Tour mal eben 40 Minuten. Nicht so schlimm, wenn man Zeit hat - und gut zu wissen, wenn man keine Zeit hat. Der Sightseeing-Faktor war fuer mich noch ok, was sich sicher aendert, wenn ich die Strecke dann mal oefter abgefahren bin. Also, merken 7 ist nicht gleich 70.

Auf der Haelfte der Strecke - durch ein Gebiet das sehr studentisch und etwas abgeratzt ist - stieg ein Homeless-Paerchen ein. Er stand schon mitten im Bus, als sie ihn wieder zurueckpfiff, weil sie die Busfahrt zahlen sollten, was sie wohl nicht konnten. Es ist nicht immer ganz offentlich, weil hier in der Innenstadt "Freeride Area" ist und man eben nicht zahlen muss. Als sie nun nicht zahlen konnten und den Bus wieder verlassen wollten, rief eine kleine Asiaten um die 40 das sie fuer die beiden zahlen wolle. Sie nickten dankbar und setzten sich hinten in den Bus. (Regulaere Busfahrt 20 Min., heute 40 Min.)

In der Innenstadt suchte ich dann die Bushaltestelle fuer die Heimfahrt nach West Seattle und hoffte auf einen 54E, der mich wieder sehr schnell heimbringen wuerde. Aber es kam ein 22er und da ich wusste das er mich auch vor die Haustuer faehrt, dachte ich mir, probier ich das doch mal aus. Die meisten Busse die ich bisher gefahren bin (ca. 20 bisher) waren alle recht puenktlich. Ab und zu mal 5-10 Minuten zu spaet, aber selten. Dieser Bus stand fuer 5 Minuten frueher auf dem Fahrplan, aber Glueck gehabt, dachte ich mir und stieg ein.

Im Bus waren durchwegs seltsame Leute. Wieder ein blaesslicher junger Mann, der seinen Fahrradhelm noch auf dem Kopf trug (ich kombinierte, das ihm das Fahrrad vorne im Busstaender gehoeren musste ;-)), ein Schwerbehinderter in seinem motorisiertem Hightech-Rollstuhl und noch ein paar etwas ungepflegte andere Menschen, was ich auch wieder auf die Zeit zurueckfuehrte (14.40).

Der 22er fuhr dann aber nicht die Brueckenauffahrt hoch und dann den Bogen direkt auf die Halbinsel wie der 54er sondern wirklich, wirklich die ganze Strasse (1st St o. Ave?) brav runter und dann im rechten Winkel langsam, langsam Richtung Bruecke. Das ganze dauerte enorm lang und die Leute die ein- und ausstiegen hatten alle dreckige Kleidung und einen seltsamen Geruch an sich. Mitten im scary stillgelegten Industriegebiet - nahe dem Football-Stadion - gab es noch einen Fahrerwechsel und dann ging es Richtung Heimat. (+25 Minuten)

Ueber bzw. unter der Bruecke durch, auf der anderen Seite (die Ecke nennt sich sehr idyllisch Luna Park - passt nicht, finde ich) als der Bus gerade wieder losfuhr machte der Behinderte einen Laut. Vorauf der Busfahrer ihn fragte, ob er aussteigen wolle. Darauf wieder ein seltsamer Laut. Der Bus setzte also zurueck - vorauf der Fahrgast mit dem Fahrradhelm bemerkte, dass er noch nie einen Bus rueckwaerts fahren gesehen haette. Dann die Rolli-Rampe ausfahren. Den Rolli drauf platzieren. Ihn runterfahren. Rolli wegfahren lassen. Fertig. (+5 Minuten).

Dann noch ein Passant, der den Busfahrer was fragt, ohne dann einzusteigen. Ein aelterer, ungepflegter Mann quer hinter mir beginnt laut und ekelerregend zu Husten. (+ 3 Minuten)

Naechste Bushaltestelle. Eine etwas verwirrte Frau mit wirrem, braunen Haar, grauem aeltlichen Kostuem und nervoesen Zucken betritt den Bus und fragt den Fahrer nach einer anderen Buslinie. Vorauf der Busfahrer sagt, das er eine andere Linie faehrt und die Frau bewegungslos stehen bleibt. Nach ein paar Sekunden fragt er sie ob nun aussteigen will oder sich setzen. Worauf die Frau beginnt die Antwort des Fahrers vor sich hinzumurmeln und sich Richtung Mitte des Buses macht, um sich dann im halbleeren Bus, wie sollte es auch anders sein, neben mich zu setzen. Sie hat ein verknittertes Blatt in der Hand auf dem gross "Handout 7" steht und "Learn to show positive emotions". Buh. Der erste Eindruck bestaetigt sich also. Als der Busfahrer durchsagt, dass sie die Buslinie etwas geaendert hat und man gerne beim Aussteigen einen neuen Fahrplan mitnehmen kann, macht sie sich auf den Weg zum Fahrer nimmt dort 3 Flyer einer andere Linie aus dem Halter und schmeisst sie neben dran auf den Sitz um sich dann den richtigen Flyer zu nehmen und anstatt sich dort hinzusetzen, wo alles frei ist, wieder auf den Weg zu mir macht. (+ 3 Minuten)

Naechste Bushaltestelle. Eine junge Mutter steht mich Baby und Kinderwagen draussen und versucht einzusteigen. Anstatt das Kind im Wagen zu lassen und den einfach reinzuschieben, nimmt sie das Kind raus, wickelt ne Decke drum, versucht mit der anderen Hand den Wagen zusammenzuklappen und hochzuhieven, wobei ihr etwas aus dem Rucksack faellt, der leider geoeffnet auf ihrem Ruecken haengt. Es dauert etwas bis sie sehr unkoordiniert alles bei sich hat und hinter dem Fahrer etwas Platz nimmt. Immerhin stoehnt sie dabei, dass sie bei solchen Sachen ja leider so schlecht waere. Und entschuldigt sich beim Fahrer, was sie immerhin ein wenig sympathisch erscheinen laesst. 2 Haltestellen weiter, als sie endlich alles im Griff hat (Kind sitzt mit Decke, Flasche ist wieder verstaut, Kinderwagen steht gefaltet in der Ecke) steigt sie - ach Ueberraschung - schon wieder aus. Waere wahrscheinlich schneller und stressfreier gegangen, sie haette das Kind im Wagen einfach gleich dorthin geschoben. (+ 4 Minuten)

Die restlichen Minuten der Fahrt steigen hauptsaechlich normale Leute ein und aus, weil es inzwischen auch spaeter als erwartet ist, und auch das Arbeitsvolk Public Transportation vermehrt nutzt, was mir immer etwas lieber ist als ausschliesslich mit koerperlich und psychischkranken, sowie unfaehigen Muettern den Bus zu teilen. Naechstes Mal werde ich wohl lieber wieder auf die 54E warten und mir dadurch zusaetzliche 40 Minuten Busfahrt ersparen. Alles in allem war ich statt 40 Minuten, dann 1,5 Stunden unterwegs. Gut, dass ich ja sonst nichts zu tun habe - und wenigstens noch puenktlich fuer die Gilmore Girls zu Hause war.

Posted by tini at February 5, 2005 8:10 PM

Comments

Hallo Tini!
Mensch, da machst Du ja die ganz harte Schule durch, aber dieses Training wird Dich stark machen fuer die naechste Zeit in Seattle. Hihi, diese seltsamen Menschen erinnern mich an mein seltsames Erlebnis, das ich mit Sissel im "Wendy's" auf der Union-Street hatte. Dort sollte man nicht zum Abendessen hingehen :-).

Viele Gruesse,
Nasim

Posted by: Nasim at February 11, 2005 1:02 AM

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